Die Duftfamilien

Die Menge und Vielfalt der Parfüms am Weltmarkt ist im Laufe der Jahrzehnte so gigantisch gewachsen, dass sich eine Orientierung für den Kunden schwierig gestaltet. So ist es beispielsweise kein leichtes Unterfangen, ähnliche Düfte aufzuspüren.

Deshalb hat man immer wieder aufs Neue versucht, die Produkte in Gruppen zusammenzufassen und zu ordnen. Al-lerdings ist dies ein schwieriges Unterfangen – und das nicht nur, weil die Duftnoten der Parfüms so komplex sind, sondern auch, weil immer wieder neue Richtungen hinzukommen und wechselnde Moden andere Trends in bestimmten Duftrichtungen mit sich bringen.

Die eine verlässliche, universelle Ka-tegorisierung von Düften gibt es deshalb nicht. Gleichwohl aber gibt es anerkannte Duftspezialisten wie Michael Edwards oder große Unternehmen wie Symrise, deren Einordnungen von der Branche übernommen und angewendet werden.

Dabei sind auch die Zielgruppen zu unterscheiden: So kennen Fachleute viel mehr Gruppenbezeichnungen als sie beispielsweise im Handel für die Endkunden verwendet werden. Das verdeutlicht ein Blick auf die Herrendüfte: In vielen Geschäften spricht man beispielsweise nur von frischen Parfüms, in anderen Ordnungssystemen werden diese aber feiner unterschieden, z. B. in Chypre-frisch oder Fougère-frisch.

 

Die Genealogien

Profis reicht es nicht, einfach ein paar Kategorien zu bilden, unter denen dann die Düfte einsortiert werden. Sie haben umfang- reiche Ordnungssysteme entwickelt, aus de- nen auch Querverbindungen und Übergänge deutlich werden.

Diese Darstellungen der internationalen Duftlandschaft heißen im Fachjargon ‘Genealogien’, da sie wie Stammbäume aufgebaut sind. Aus ihnen wird ersichtlich, welche Duftfamilien es gibt und wo sich Parfümklassiker einordnen lassen bzw. wie sie miteinander verwandt sind.

Ganz grob wird zunächst einmal zwischen Damen- und Herren-Duftnoten unterschieden. Diese zwei Großgruppen verzweigen sich dann im Rahmen der Genealogien weiter in so genannte ‘Duftkonzepte’, die wiederum aus verschiedenen ‘Variationen’ bestehen.

 

Duftkonzept

So nennt der Fachmann das übergeordnete Prinzip, die Hauptrichtung, zu der ein Parfüm gehört. Düfte mit dem gleichen Konzept sind somit Angehörige der selben ‘Großfamilie’. Sowohl bei den Damen als auch bei den Herren unterscheidet man je drei Konzepte.

Konzepte für Damen-Noten

BLUMIG: Diese weitaus größte Gruppe ist geprägt von Blütendüften wie Rose, Jasmin, Ylang-Ylang, Narzisse, Tuberose, Iris und Nelke.

ORIENTALISCH: Dieses Konzept greift die warmen, sinnlichen Noten der arabischen Welt auf. Balsame wie Patchouli, Harze wie Benzoe, animalische Riechstoffe wie Mo-schus, Zibet und Ambra, aber auch Vanille und würzige Komponenten wie Muskat, Nelke und Zimt geben hier den Ton an.

CHYPRE: Der Parfümeur François Coty schuf zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Duft ‘Chypre’ aus mediterranen Ingredienzien, die er nach der Insel Zypern benannte. Diese Kombination aus Zitrusfrische, erdigem Eichenmoos und balsamischem Patchouli war stilprägend für die Großfamilie der Chypre-Düfte.  

 

Konzepte für Herren-Noten

FOUGÈRE:  Namensgeber dieser Richtung ist das Parfüm ‘Fougère Royale’ aus dem Hause Houbigant. Diese Kreation von 1882 mit den Hauptnoten Lavendel, Eichenmoos und dem damals neu entdeckten Riechstoff Kumarin war ursprünglich als Damenduft gedacht. Der Fougère-Akkord entwickelte sich jedoch rasch zu einem Hauptvertreter der mas-kulinen Richtung. Er enthält übrigens kein Farn (Frz. fougère), wie der Name vermuten ließe.

ORIENTALISCH: Süße Honig- und Vanille-Akzente, Ambra und Ge-würze bestimmen dieses Konzept, das in der Herren-Parfümerie erst in jüngerer Zeit erfolgreich wurde.

CHYPRE: Neben den charakteristischen Chypre-Duftstoffen Zitrusfrische, Eichenmoos und Patchouli sorgen hier ledrige und holzige Komponenten für den männlichen Touch.

 

Die Variationen 

Außer den Duftstoffen, die das Konzept bestimmen, enthält jedes Parfüm eine Reihe von Ingredienzien, die ihm einen speziellen Charakter verleihen. Das grobe Prinzip wird in Variationen, auch Interpretationen genannt, verfeinert. Die Übergänge zwischen den Variationen können dabei auch fließend sein.

Bei den Damendüften haben sich aus den drei Konzepten insgesamt dreizehn Variationen herausgebildet. ‘Blumig’ unterteilt sich in sechs Interpretationen: grün, fruchtig, frisch, blumig, aldehydig und süß. Orientalisch ist in die zwei Variationen ambriert und würzig aufgeteilt. Chypre spielt mit den fünf Interpretationen fruchtig, frisch, blumig, anima-lisch und grün.

Bei den Herren-Düften spalten sich die drei Duftkonzepte in neun Variationen auf. Fougère ist in drei Interpretationen eingeteilt: Lavendel, holzig-ambriert und frisch. Orientalisch gliedert sich in würzig und ambriert auf. Chypre für den Herrn schließlich kennt vier verschiedene Richtungen: holzig, ledrig, frisch und Zitrus.

 

Das Angebot an Herrendüften  

Der duftende Mann hat heute die Wahl zwischen verschiedenen gut riechenden Pflegeprodukten. Diese unterscheiden sich nicht nur in den Duftrichtungen und im Preis, sondern auch in der Anwendung

After Shave

Seit seines Erfolges in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg gilt das Rasierwasser – auch After Shave genannt – als de-zenter Duftspender Nummer eins.

Noch heute benutzen die meisten Männer nach der Rasur After Shaves. Das Rasierwasser ist neben Duschlotion und Shampoo der beliebteste Männerpflegeartikel. Eine spe- zielle Gesichts- oder Feuchtigkeitscreme be-nutzen hingegen nur sehr wenige Männer, obwohl diese, je nach Hauttyp, verträglicher sind als die – aufgrund des hohen Alkoholgehalts – häufig austrocknenden Rasierwasser.

Gute After Shaves erfüllen gleich mehrere Funktionen, da sie nach der Rasur die oft gereizte Haut beruhigen und pflegende Bestandteile mit heilender, hautreparierender Wirkung enthalten. Dazu zählen beispielsweise der Zellbaustein Allantoin, der Vitamin-B-Bestandteil Panthenol oder das entzündungshemmende Bisabolol, ein Wirkstoff aus der Kamille. Zudem wirken After Shaves angenehm kühlend. Sie ziehen die Haut zusammen und regulieren ihren pH-Wert. Der Alkohol soll zudem kleine Wunden desinfizieren, die vor allem bei der Nass- rasur entstehen.

Zum Erfolg der After Shaves hat sicherlich beigetragen, dass die Rasierwasser viel preiswerter zu haben sind als Parfüms. Allerdings: Auch große Parfümmarken bieten heute After Shaves an. Das Preisniveau solcher Produkte liegt nicht wesentlich unter dem eines Eau de Toilettes.

Eau de Toilette

In den 1960er-Jahren erfreuten sich die Herren mit kleinerem Geldbeutel am neuen Trend zum Eau de Toilette. Der Unterschied zwischen einem Parfüm und einem Eau de Toilette liegt lediglich in der jeweiligen Konzentration des enthaltenen Duftöls. Mit 15 bis 30 % enthält Parfüm die höchste Konzentration an Duftöl. Eau de Parfum ist mit 10 bis 15 % bereits etwas geringer konzentriert, Eau de Toilette liegt mit einem Anteil von 5 bis 10 % Duftöl noch einmal darunter. Dies macht den Duft nicht nur leichter, sondern zugleich auch preisgünstiger.

Aufgrund ihrer leichteren und damit meist auch frischeren Wirkung eignet sich ein Eau de Toilette für fast alle Alltagssituationen besser als das schwerere Parfüm.

Body Splash

In jüngerer Zeit bereichern zudem Body-Splashs (auch ‘Eau Fraîche’ genannt) die Produktpalette – sehr leichte Duft-Flüssigkeiten, die auf den ganzen Körper gesprüht werden und auf unkomplizierte Weise kurzfristig für Erfrischung sorgen sollen. Spezielle Varianten weisen sich zudem be-sonders auch durch pflegende Eigenschaften aus und sorgen für Feuchtigkeit oder Beruhigung der Haut.

Der Duft eines Eau Fraîche verfliegt jedoch aufgrund des geringen Gehalts an Duftölen (3 %) schnell wieder. Diese Produkte empfehlen sich für den Sommer, bringen schnelle Erfrischung und Belebung im Büro und auch am Strand. Die übliche Handelsform ist ein Flakon, der zum sicheren Transport meist aus Plastik gefertigt ist.

Parfüm

Er ist der Mercedes unter den Herrendüften: der Parfümflakon ‘pour monsieur’. Mittlerweile führen alle großen?Parfümmarken nicht nur edle Düfte für Damen, sondern auch für den betuchten Herren.

Dieses Marktsegment unterscheidet sich dabei nicht wesentlich vom weiblichen Pendant – sieht man von den Duftrichtungen einmal ab: Kostspielige Inhaltsstoffe von Meis- terhand kreiert und mit Millionenetat beworben, versprechen einen so herausragenden wie exzellenten Duftablauf.

Im Gegensatz zum Eau de Toilette reichen allerdings schon ein Paar Tropfen Eau de Parfum, um eine intensive Duftaura zu verströmen. Deshalb sind diese Edeldüfte meist eher etwas für den gefühlvollen Abend als fürs hektische Alltagsgeschäft. Aber natürlich kommt es auch hier wieder auf Geschmack und Persönlichkeit des Trägers an.

 

Richtig Parfümieren für Herren

Beim Parfümieren gilt: Weniger ist mehr! Die richtige Dosierung ist das A und O. Wer eine penetrante Duftwolke hinter sich her zieht – ganz gleich wie gut und teuer der Duft ist – sorgt eher für ein Naserümpfen als für positive Reaktionen.

Für eine leichte Duftaura sorgen die leichteren Versionen der angebotenen Duftpräparate, wie Eau de Toilettes oder After Shaves sowie die ganz leichten Bo- dy-Splash-Produkte.

Tagsüber im Büro, bei einem Meeting oder auf Dienstreise gilt: Nie ohne geputzte Schuhe und einen klassischen, aber auf keinen Fall aufdringlichen süßen Herrenduft, das Haus verlassen. Ein mit entsprechendem Know-How und ganz selbstverständlich ge-tragener Duft vermittelt Selbstbewusstsein. 

Wer nach dem Sport für Frische sorgen will, kann sich bestens im Sortiment der zahlreichen ‘Sportprodukte’ bedienen. Dabei handelt es sich meist um frische Düfte, bei denen grüne und aquatische Noten im Vor-dergrund stehen. Ein Deo aus der jeweiligen Serie kann manchmal schon ausreichend sein – sie weisen sich meist schon über einen intensiven Duft aus.

Auch wer bewegungsintensive Freizeitaktivitäten liebt, wie Radfahren oder Wandern, wählt für diese Zwecke am besten sportliche Düfte. Übertrieben roman- tische und orientalische Düfte sind hier unangebracht. Frische Noten, eventuell mit einer Sandelholznote, kommen hingegen gut an.

Im Restaurant gilt es mit Charme statt mit einer Duftwolke zu betören. Wenig Duft auftragen – zwei Spritzer Eau de Toilette aus dem Flakon sind hier ausreichend – denn der Verzehr beispielsweise scharfer Gewürze kann die Intensität des Parfüms auf der Haut verstärken. Ein dezentes After-Shave oder Eau de Toilette eignet sich hier besser als ein in-tensives Parfüm.

In der Disco oder auf der Party, wo die Rhythmen intensiver werden, kann Mann auch den Duft etwas ‘dicker’ auftragen. Hier darf’s also ein Spritzer mehr sein, um in der  oftmals aufgeheizten Luft wahrnehmbar zu bleiben.

 

Duft-Psychologie

Das Spiel mit Empfindungen

Ein schöner Duft ist etwas Wunderbares! Es löst in uns gleich einen ganzen Strauß an an-genehmen Gefühlen aus: vom kleinen Vergnügen, sich etwas Besonderes zu gönnen, bis zum großen Moment, attraktiv und be-gehrenswert zu sein. Die Meister der Par-fümeurzunft spielen mit ihren Kreationen virtuos auf der Klaviatur unserer Empfindungen und bringen dabei Saiten zum Klingen, die wir ohne sie nicht so leicht ent- decken und ausleben könnten.

Die psychologische Wirkung der Düfte erweist sich als das eigentliche Geheimnis ihres Erfolgs. Sie ist es, die uns zum Kauf der oft sündhaft teuren Flakons verführt, die uns Düfte schätzen – und auch ablehnen – lässt, die uns beim Auftragen mal zu dem einen, mal zu dem anderen Parfüm greifen lässt. Vor allem aber ist es unsere Psyche, die den Wohlgerüchen eine so anziehende und nicht selten auch erotisierende Kraft zuschreibt.

Rein wissenschaftlich betrachtet ist jedes Parfüm gleich aufgebaut: Es besteht aus mehr oder weniger stark riechenden Flüssigkeiten – wie Tausende andere industriell gefertigte Mit-tel auch. Die Frage, warum man den einen Duft so sehr liebt, den anderen aber abgrundtief verabscheut, lässt sich daher nur beantworten, wenn man tiefer in unsere Gefühlswelten eintaucht.

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